Wir sagen: Das Bürgergeld reicht nicht!

Bürgergeld-Bingo ist ein Spiel mit ernstem Hintergrund. Wer es spielt und wirklich alle Ausgaben des täglichen Lebens berücksichtigt, merkt schnell, wie knapp das Monatsbudget von 563 Euro bemessen ist. Wie ernährt man sich ausgewogen von 6,50 Euro am Tag? Wie bleibt man mobil, wenn das Bürgergeld kaum für das Deutschlandticket reicht, geschweige denn für den Unterhalt eines Autos? Wie stemmt man nötige Zusatzausgaben, sei es für eine Brille, für eine medizinische Therapie oder eine Stromnachzahlung?

In der Debatte um die richtige Höhe des Bürgergeldes, geht es um eine der verantwortungsvollsten Aufgaben des Staates. Die Grundsicherung soll allen Menschen ein Leben in Würde ermöglichen. Sie muss die physische Existenz, aber auch ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe garantieren.
Deshalb sind die Anforderungen an die Berechnung des Bürgergeldes hoch. Das Bundesverfassungsgericht fordert, dass das Existenzminimum transparent, sachgerecht und realitätsgerecht ermittelt wird. Leider ist das Gegenteil der Fall. Die Höhe des Bürgergeldes wurde in Teilen willkürlich, fehlerhaft und lebensfern berechnet:

  • Das Bürgergeld wird aus den statistisch erfassten Konsumausgaben der Bevölkerung im unteren Einkommensbereich abgeleitet („Statistikmodell“). Dabei wird jedoch nicht sichergestellt, dass die Vergleichsgruppe nicht selbst schon von Armut betroffen ist. Es entstehen statistische Zirkelschlüsse. Für Erwachsene werden die einkommensschwächsten 15 Prozent, für Kinder die einkommensschwächsten 20 Prozent der Haushalte zum Vergleich genommen. Diese Festlegung ist willkürlich.
  • Entgegen den Prinzipien des Statistikmodells streicht der Gesetzgeber bestimmte Konsumausgaben aus der Rechnung. So wird Bürgergeldbeziehenden zum Beispiel kein Geld für Haustiere, Weihnachtsbäume, Regenschirme, Malstifte oder Speiseeis zugestanden. Das ist beliebig und statistisch unsauber. Das Verfahren führt zu einer empfindlichen Kürzung des Bürgergeldes um etwa ein Viertel.
  • Hohe Einmalausgaben, die etwa entstehen, wenn eine kaputte Waschmaschine oder ein Computer ersetzt werden muss, können aus dem Bürgergeld kaum bestritten werden. Dafür sind nur minimale monatliche Euro-Beträge vorgesehen, die über Jahre hinweg angespart werden sollen. Das ist ein lebensferner Ansatz, der in keinem armen Haushalt funktioniert.

Auch die letzte Erhöhung des Bürgergeldes von 502 auf 563 Euro zum 1. Januar 2024 hat die grundlegenden Bedarfslücken nicht geschlossen, sondern lediglich einen Teil der Kaufkraftverluste der vergangenen Jahre ausgeglichen.

Wir sagen, das Bürgergeld reicht nicht und muss von Grund auf neu berechnet werden! Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, das Existenzminimum transparent, sachgerecht und realitätsnah zu ermitteln. Dies darf nicht hinter verschlossenen Türen geschehen, sondern muss Organisationen und Fachleute aus der Zivilgesellschaft einbeziehen. Insbesondere fordern wir dazu auf, auch Menschen mit Armutserfahrung als Expertinnen und Experten zu beteiligen, damit das Bürgergeld nicht weiter an der Lebensrealität der darauf angewiesenen Menschen vorbeigeht!

Diakonie Deutschland
Evangelischer Verband Kirche Wirtschaft Arbeitswelt (KWA)
Armutsnetzwerk e.V.
Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern (kda)

Ausführliche Positionen und Studien zu diesem Thema:

https://kda-bayern.de/buergergeld-bingo